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Urteil Verwaltungsgericht (LU - A 06 266)

Zusammenfassung des Urteils A 06 266: Verwaltungsgericht

A erhielt im Jahr 2005 neben einer staatlichen IV-Rente zwei Erwerbsunfähigkeitsrenten von insgesamt Fr. ... von der B Versicherung. Der Rechtsstreit drehte sich darum, ob diese Renten zu 40 Prozent oder zu 100 Prozent steuerbar sind. Es wurde diskutiert, ob es sich um Leibrenten handelt oder um Ersatzeinkünfte im Sinne des Steuergesetzes. Letztendlich wurden die Renten als Ersatzeinkünfte eingestuft und zu 100 Prozent steuerbar erklärt. Der Richter, der den Fall entschieden hat, ist nicht angegeben.

Urteilsdetails des Verwaltungsgerichts A 06 266

Kanton:LU
Fallnummer:A 06 266
Instanz:Verwaltungsgericht
Abteilung:Abgaberechtliche Abteilung
Verwaltungsgericht Entscheid A 06 266 vom 02.07.2007 (LU)
Datum:02.07.2007
Rechtskraft:Diese Entscheidung ist rechtskräftig.
Leitsatz/Stichwort:Art. 22 Abs. 3, Art. 23 lit. a und b DBG; Art. 516 ff. OR. - Bei der Erwerbsunfähigkeitsversicherung handelt es sich um eine reine Risikoversicherung ohne Sparanteil. Die gestützt darauf ausbezahlte Rente enthält somit auch keine Kapitalrückzahlungskomponente, die eine reduzierte Besteuerung rechtfertigen würde.
Schlagwörter: Rente; Renten; Versicherung; Leibrente; Kapital; Ersatz; Erwerbsunfähigkeit; Einkünfte; Prozent; Leibrenten; Ersatzeinkünfte; Erwerbsunfähigkeitsrente; Bundesgesetz; Kommentar; Leistung; Risiko; Einkommen; Erwerbsunfähigkeitsrenten; Bundesgesetzes; Prämien; Einkommens; Rentengläubiger; Locher; Unfall; Kanton; Bundessteuer; Einkommenssteuer; Vorsorge
Rechtsnorm: Art. 22 DBG ;Art. 23 DBG ;Art. 516 OR ;Art. 84 DBG ;
Referenz BGE:131 I 415; 131 I 416; 132 II 129;
Kommentar:
Schweizer, Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Art. 22 OR, 2003

Entscheid des Verwaltungsgerichts A 06 266

Im Jahr 2005 erhielt A (Jahrgang 1949) nebst einer staatlichen IV-Rente zwei Erwerbsunfähigkeitsrenten von insgesamt Fr. ... (Fr. ... aus Vertrag Nr. 1 und Fr. ... aus Vertrag Nr. 2) von der B Versicherung. Der Rechtsstreit drehte sich um die Frage, ob diese Erwerbsunfähigkeitsrenten Leibrenten darstellen, die lediglich zu 40 Prozent steuerbar sind, ob sie zu 100 Prozent zu versteuern sind.

Aus den Erwägungen:

(..)

II. Direkte Bundessteuer

1.- Gemäss Art. 16 Abs. 1 des Bundesgesetzes über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) unterliegen alle wiederkehrenden und einmaligen Einkünfte der Einkommenssteuer. Zu den steuerbaren Einkünften gehören alle Einkünfte aus der Alters-, Hinterlassenenund Invalidenversicherung, aus Einrichtungen der beruflichen Vorsorge und aus anerkannten Formen der gebundenen Selbstvorsorge, mit Einschluss der Kapitalabfindungen und Rückzahlungen von Einlagen, Prämien und Beiträgen (Art. 22 Abs. 1 DBG). Steuerbar sind sodann unter anderen auch einmalige und wiederkehrende Zahlungen bei Tod sowie für bleibende körperliche gesundheitliche Nachteile (Art. 23 lit. b DBG) und alle anderen Einkünfte, die an die Stelle des Einkommens aus Erwerbstätigkeit treten (Art. 23 lit. a DBG). Für Leibrenten und Einkünfte aus Verpfründung sieht Art. 22 Abs. 3 DBG vor, dass diese nur zu 40 Prozent steuerbar sind; e contrario sind die übrigen hier genannten (und die weiteren) Einkünfte zu 100 Prozent steuerbar (BGE 132 II 129 f. Erw. 3.1).

Bei den hier zu prüfenden Versicherungsleistungen handelt es sich um Leistungen aus der freien Selbstvorsorge (Säule 3b), womit die Anwendung von Art. 22 Abs. 1 DBG ausgeschlossen ist. Grundsätzlich unterliegen auch solche Leistungen der Einkommenssteuer (BGE 131 I 416 Erw. 5.3). Fraglich ist jedoch, ob es sich dabei um eine Form von Leibrenten handelt, wie die Beschwerdeführerin annimmt, womit die reduzierte Besteuerung zur Anwendung käme, ob es sich, wie die Vorinstanzen geltend machen, um Ersatzeinkünfte im Sinn von Art. 23 lit. a bzw. lit. b DBG handelt, die vollumfänglich zu besteuern wären.

2.- a) Als Leibrente wird wie im Zivilrecht (Art. 516 ff. OR) die vom Leben einer Person (regelmässig des Rentengläubigers) abhängige Verpflichtung des Rentenschuldners verstanden, dem Rentengläubiger zeitlich wiederkehrende Leistungen in Form von Geld (ausnahmsweise von anderen vertretbaren Sachen, z.B. Lebensmitteln) zu erbringen (Bauer, in: Honsell/Vogt/Wiegand, Basler Kommentar zum Schweizerischen Privatrecht, Obligationenrecht I, 3. Aufl., Basel 2003, N 1 zu Art 516; Locher, Kommentar zum DBG, I. Teil, Therwil/Basel 2001, N 51 zu Art. 22). Im Normalfall erfolgt bei einer Leibrente die Leistung also bis zum Tod der begünstigten Person, wann immer dieser stattfindet (Höhn/Waldburger, Steuerrecht, Band II, 9. Aufl., Bern/Stuttgart/Wien 2002, S. 81). Beim Rentenschuldner kann es sich um eine Versicherungsgesellschaft, eine Privatperson einen Geschäftsbetrieb handeln. Leibrentenversicherungen gehören, wie gesagt, zur individuellen, nicht gebundenen Vorsorge der Säule 3b (BGE 131 I 415 Erw. 5.2 mit zahlreichen Hinweisen).

Eine Leibrente beinhaltet stets eine Kapitalrückzahlungskomponente (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, Kommentar zum harmonisierten Zürcher Steuergesetz, 2. Aufl., Zürich 2006, N 55 zu § 22). Die steuerliche Privilegierung beruht auf der Überlegung, dass nur die Vermögensertragsquote einer Rentenzahlung besteuert werden soll, während die Rückzahlung des in Form von Prämien einbezahlten Kapitals nicht ein zweites Mal steuerlich erfasst werden soll (Heuscher, in: Klöti-Weber/Siegrist/Weber, Kommentar zum Aargauer Steuergesetz, Band 1, 2. Aufl., Muri-Bern 2004, N 17 zu § 31). Dabei wurde aus Gründen der Vereinfachung und Praktikabilität die pauschale Festsetzung eines Prozentanteils ohne weitere Abstufungen gewählt (zum Ganzen s. auch BGE 131 I 416 ff. Erw. 5.4 mit Hinweisen).

Wird eine Rente jedoch gestützt auf eine Risikoversicherung ausbezahlt, die der Rentengläubiger selbst abgeschlossen hat, liegt keine Leibrente vor. Zwar hat der Rentengläubiger die Rentenleistungen mittels seiner Prämien auch mitfinanziert, doch stellten diese Prämien blosse Risikoprämien dar, die zu keiner Kapitalbildung geführt haben. Es besteht somit kein Rentenstammrecht durch einen vermögensbildenden Sparanteil. Diesfalls enthält die ausbezahlte Rente keine Kapitalrückzahlungskomponente, die eine reduzierte Besteuerung rechtfertigen würde (Richner/Frei/Kaufmann/Meuter, a.a.O., N 57 zu § 22; vgl. Klöti-Weber/Siegrist/Weber, a.a.O., N 20 zu § 31).

b) Gemäss Art. 23 lit. b DBG sind die einmaligen und wiederkehrenden Zahlungen bei Tod sowie für bleibende körperliche gesundheitliche Nachteile steuerbar. Dabei geht es insbesondere um Entschädigungen, die Dritte der steuerpflichtigen Person als Ersatz für den Verlust die dauernde Verminderung der Erwerbsfähigkeit Erwerbsmöglichkeit zahlen (Locher, a.a.O., N 24 zu Art. 23).

c) Schliesslich sind nach Art. 23 lit. a DBG alle anderen Einkünfte, die an die Stelle eines Erwerbseinkommens treten, steuerbar. Als Ersatzeinkünfte gelten Einkünfte, die mit einer gegenwärtigen, allenfalls vorübergehend eingeschränkten unterbrochenen Erwerbstätigkeit im Zusammenhang stehen (Zigerlig/Jud, in: Zweifel/Athanas, Kommentar zum Schweizerischen Steuerrecht, Band I/2a, Basel/Genf/München 2000, N 8 zu Art. 23 DBG; vgl. Art. 84 Abs. 2 DBG und Art. 32 Abs. 3 des Bundesgesetzes über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [StHG; SR 642.14]). Sie fliessen folglich als Ersatzleistungen an Steuerpflichtige, die grundsätzlich erwerbstätig sind, ihre Erwerbstätigkeit jedoch aus bestimmten Gründen (z.B. Krankheit, Unfall) freiwillig unfreiwillig unterbrechen einschränken müssen (BG-Urteil vom 27.10.1989 in: ASA 60, 251, Erw. 2a; Locher, a.a.O., N 4 f. zu Art. 23). Diese Bestimmung stellt allerdings lediglich einen Auffangtatbestand dar und erfasst nur diejenigen Erwerbsersatzeinkünfte, die nicht gestützt auf eine andere Bestimmung besteuert werden. Abzugrenzen sind damit namentlich die Vorsorgeleistungen und die Erwerbseinkünfte (Zigerlig/Jud, a.a.O., N 6 zu Art. 23 DBG). Zudem wären auch die Ersatzeinkünfte gemäss Art. 23 lit. b DBG abzugrenzen, doch ist dies nicht immer ohne weiteres möglich, weil sich diese Bestimmungen teilweise überschneiden (vgl. Locher, a.a.O., N 26 zu Art. 23).

Zu den Ersatzeinkünften gemäss Art. 23 lit. a DBG werden beispielsweise Taggelder nach Art. 22 ff. des Bundesgesetzes über die Invalidenversicherung (IVG; SR 831.20), Art. 72 des Bundesgesetzes über die Krankenversicherung (KVG; SR 832.10) usw. gezählt, aber auch Taggelder aus einer privaten Krankenund Unfallversicherung, aus einer UVG-Zusatzversicherung bzw. UVG-Differenzabdeckung aus einer anderen Erwerbsersatzversicherung sowie Erwerbsersatzleistungen auf Grund einer gesetzlichen Haftpflicht (Zigerlig/Jud, a.a.O., N 9 zu Art. 23 DBG; Klöti-Weber/Siegrist/Weber, a.a.O., N 3 zu § 32).

3.- a) Die hier zu beurteilende Versicherungsleistung wird von der Versicherung als "Erwerbsunfähigkeitsrente" bezeichnet. Die Erwerbsunfähigkeitsversicherung (oder Erwerbsausfallsversicherung) ist in der Praxis regelmässig als Rentenversicherung ausgestaltet. Die Erwerbsunfähigkeitsrente kann im Rahmen einer Lebensversicherung für die Risiken Krankheit und Unfall kombiniert nur für das eine das andere Risiko versichert werden. Sodann kann sie im Rahmen einer selbständigen Versicherung in Ergänzung zu einer (nicht rückkaufsfähigen rückkaufsfähigen) Kapitalversicherung als Ergänzungsversicherung zu einer aufgeschobenen (nicht rückkaufsfähigen rückkaufsfähigen) Leibrentenversicherung abgeschlossen werden (Jungo/Maute, Lebensversicherungen und Steuern, Muri/Bern 2003, S. 90). Es handelt sich somit regelmässig um eine reine Risikoversicherung ohne Sparanteil, weshalb es sich bei den gestützt darauf ausbezahlten Renten nicht um Leibrenten handelt. Solche Versicherungsleistungen sind folglich als Ersatzeinkünfte zu 100 Prozent steuerbar (Jungo/Maute, a.a.O., S. 93; vgl. Rufener, Zur Erfassung von "Ersatzeinkünften" mit der Quellensteuer nach dem Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (DBG) bzw. dem Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG), ASA 63, 115). Solange es sich um Rentenzahlungen handelt, spielt es für die Beurteilung der Steuerbarkeit keine Rolle, ob diese unter Art. 23 lit. a lit. b DBG subsumiert werden, sind doch beide Arten von Ersatzleistungen vollumfänglich zu besteuern.

b) Die Vorbringen der Beschwerdeführerin und die von ihr eingereichten Belege enthalten keine Anhaltspunkte dafür, dass im vorliegenden Fall eine abweichende Betrachtungsweise angebracht wäre. Vielmehr geht bereits aus den Rentenbescheinigungen der B Versicherung für das Jahr 2005 hervor, dass es sich um Erwerbsunfähigkeitsrenten handelt. Auch wird auf diesen Formularen darauf hingewiesen, dass der jeweilige Totalbetrag im Kanton und im Bund als Einkommen zu versteuern ist. Im Begleitschreiben zu den Rentenbescheinigungen 2005 von Januar 2006 hält die B Versicherung zudem fest, dass Erwerbsunfähigkeitsrenten im Bund und in den Kantonen zu 100 Prozent der Einkommenssteuer unterliegen. Sodann zeigt das Leistungsblatt für die Police Nr. 2 vom 17. Januar 2005, dass es sich bei diesem Versicherungsprodukt um eine reine Risikoversicherung für Krankheit und Unfall handelt, sind damit doch ein Taggeld von Fr. ... bei Arbeitsunfähigkeit und eine Jahresrente von Fr. ... bei Erwerbsunfähigkeit versichert, nicht aber ein Kapital.

Die Beschwerdeführerin weist in ihrem Schreiben vom 7. Februar 2007 zwar darauf hin, dass die Lebensversicherungen sehr wohl eine Kapitalauszahlung haben, und aus der Steuerwertbescheinigung per 31. Dezember 2006 geht hervor, dass es sich bei der Police Nr. 1 um eine Kapitalversicherung handelt. Daraus kann jedoch nichts zu ihren Gunsten abgeleitet werden, werden solche Kapitalversicherungen in der Praxis doch, wie gezeigt, oft mit Erwerbsunfähigkeitsversicherungen ergänzt. Dass es sich genau in diesem Fall anders verhalten würde, vermag die Beschwerdeführerin nicht darzutun.

(...)
Quelle: https://gerichte.lu.ch/recht_sprechung/publikationen
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